Gert Postel
G e s e l l s c h a f t
Ich hatte Gelegenheit, ein Vorabexemplar des Buches zu lesen. Es handelt sich hier um ein justizhistorisches Dokument von sehr hohem Wert.
Gerhard Strate hat unter vielem anderen auch das Verdienst, Justizunrecht und die Allmacht der forensischen Psychiatrie vollkommen transparent gemacht zu haben, sowohl im Buch, wie auch auf seiner Homepage (dort: Dokumentation). Jeder Strafjurist und jeder Journalist sollte das gelesen haben. Für forensische Psychiater indes ist es keine Lektüre, weil diese Leute zu eigenem Macht- und Einkommenserhalt einsichtsresistent sind.
Menschlich bemerkenswert und ein Beweis charakterlicher Noblesse des Verfassers ist es, dass er Loyalität zu seinem Mandanten auch dort noch beweist, wo dieser Mandant ihn aufs Übelste und Undankbarste behandelt hat. Die Verteidigung Mollaths war für Gerhard Strate ein selbstloser, wahrscheinlich auch auf Mitgefühl beruhender Akt, für den er auch noch hat bezahlen müssen.
Warum schlägt man einen solchen Straf-verteidiger nicht für das Bundesverdienstkreuz oder eine Honorarprofessur vor? Auch seine wissenschaftlichen Verdienste sind singulär.
Sächsischer Justizminister
lobt Gert Postel !
Zitat aus dessen Rede in der Charité am 15.6.2007, Seite 20:
"Ein Fall wie vor zehn Jahren in Sachsen, als der Hochstapler Gert Postel, vormals ein Postbote, als angeblicher Facharzt für Psychiatrie unbeanstandet mehr als zwei Dutzend Gutachten fertigen konnte, ist beschämend."
Wir gratulieren Gert Postel zum prominenten Auftritt in der Schweiz:
Am 4. September 2008 war Gert Postel zusammen mit dem Schweizer Bundesminister Moritz Leuenberger der von den Besuchern am besten bewertete Referent beim Wirtschafts-forum der Region Wil zum Thema "Verhalten, Stil, Moral und Ethik: Erfolgsfaktoren oder Schlagworte?"
Am 8.10.13 im nz-online Blog Vip-Raum:
"Bunt, bunter, Bezirkstag"
über den Klinikaufseher Dr. Horst Krömker, der mal Chef von Gert Postel in der Klinik im sächsischen Zschadraß war.
Gert Postel verändert die rechtspolitische Diskussion:
ZRP (Zeitschrift für Rechtspolitik) 4/2004, S. 131:
"der SPIEGEL" (42/2006, S. 54) Zitat:
"Fehler, die da fast zwangsläufig entstehen, fallen den Richtern - psychiatrischen Laien - häufig nicht auf. Wie sonst hätte etwa der Hochstapler Gert Postel, vormals Postbote, zwischen 1995 und 1997 als angeblicher Facharzt für Psychiatrie in Sachsen unbeanstandet mehr als zwei Dutzend Gutachten verfassen können?"
Leserbrief von Gert Postel an den "Spiegel" als Antwort darauf:
Meine Gerichtsgutachten sind leider kein gutes Beispiel, um die These von den leicht zu täuschenden deutschen Richtern zu belegen. Denn meine Gutachten erfüllten die von den Professoren Leygraf und Kröber (auch zum eigenen Machterhalt) propagierten Mindesstandards für Schuldfähigkeits- und Prognosegutachten allemal. Das lag u.a. daran, daß sich in der Zschadrasser Klinikbibliothek ein Muttergutachten befand, das ich in Gliederung und Klarheit der Diktion mir immer wieder zum Vorbild nahm.
Verfasser dieses Muttergutachtens war - wen wundert´s - Prof. Dr. Norbert Leygraf. Als ich aufflog, wurden alle meine Gutachtenfälle nachbegutachtet, ohne dass eine einzige Beurteilung geändert werden mußte. Es geht nämlich bei der Begutachterei weniger um die Einhaltung formaler Kriterien als um das untrügliche Gespür dafür, was die Zeitläufe gegenwärtig von den führenden Psychiatern des Landes erwarten.
Dieses Gespür besitzt nicht jeder Psychiater, wohl aber Karl-Ludwig Kröber und Norbert Leygraf (und ich).
Gert Postel
Sünder, 1991
FAMILIENALBUM Gert Postel, 63, aus Tübingen
Ich studierte damals in Münster für einige Semester katholische Theologie. So kam ich in Kontakt mit dem dortigen Bischof, dem inzwischen verstorbenen Reinhard Lettmann. Als er hörte, dass ich eine Rom-Reise plante, gab er mir ein Empfehlungsschreiben, in welchem er darum bat, mich zur Teilnahme an der heiligen Messe von Papst Johannes Paul II. in dessen Privatkapelle zuzulassen.
In Rom begab ich mich in die Deutsche Botschaft beim Heiligen Stuhl, um das Empfehlungsschreiben abzugeben. Man werde es an den Privatsekretär des Papstes, den späteren Erzbischof und Kardinal von Krakau Stanislaw Dziwisz, weiterleiten. Ich wohnte in der Villa Lituania an der Piazza Asti und hinterließ meine Adresse. Als ich eines Abends zurück in die Unterkunft kam, rief mir die Schwester Oberin entgegen: »Der Sekretär des Papstes hat angerufen!« Ich solle mich am nächsten Tag, am 1. Mai 1991, um 6.30 Uhr an der Sant'-Anna-Pforte des Vatikans bei der Schweizergarde melden.
Deren Chef, ein Oberst, führte mich zu den Privatgemächern des Papstes. Dann zelebrierte Johannes Paul II. mit wenigen Anwesenden die Messe. Aus seiner Hand empfing ich die Hostie, und er erteilte mir den apostolischen Segen.
Ich hatte eine Bibel dabei und fragte ihn auf Deutsch, ob er mir seinen Segen hineinschreiben könnte. Er sah mich freundlich an und ging weiter.
Doch dann machte er an einem großen Schreibtisch halt, setzte sich und gab mir ein Zeichen, ich solle zu ihm kommen. Ich stand neben ihm wie paralysiert. Würde mir das jemand glauben? Bei meiner Vergangenheit? Aber so war es.
Er stand auf, nahm die Bibel, schrieb »cum benedictione« hinein, seinen Namen und das Datum. Ich erzählte ihm, dass meine Mutter sich 1979 umgebracht hat, und bat ihn, für sie zu beten. Das hat er mir versprochen. Ich kniete nieder, und er machte mir das Kreuzzeichen auf die Stirn. Die Situation war sehr intim, und etwas hat sich in meinem Leben seitdem verändert. Ich habe einige Höllen durchlebt und durchlitten. Aber ich war immer beschützt.
Aufgezeichnet von Alexander Smoltczyk
-------------------------------
Anmerkung der Redaktion:
Gert Postel arbeitete unter dem Falschnamen Dr. Dr. Clemens Bartholdy 1982 und 1983 in Flensburg ohne Qualifikation als stellvertretender Amtsarzt. Von 1995 bis 1997 war er ebenfalls ohne Qualifikation als Oberarzt in einer psychiatrischen Klinik sowie als Gutachter tätig.
Das Foto trägt auf der Rückseite den Stempel des VatikanFotografen Arturo Mari.
DER SPIEGEL Nr.25/ 19.6.2021, S. 46.